Am 24. Oktober 2018 soll im Kunsthaus Lempertz (1845) ein als Schrumpfkopf bezeichnetes human remain versteigert werden. Der Schätzpreis liegt bei 8000 – 12000 €. Der Schädel wird als „Jívaro Shrunken Head“ angeboten.
Das Kunsthaus weiß offenbar nicht oder lässt sich egal sein, dass die Shuar, ein Volk am Amazonas, die Bezeichnung Jívaro für sich als beleidigend ablehnen. Was kein Wunder ist, denn jívaro oder jíbaro bedeutet in Lateinamerika wild, verwildert, bäuerlich (im negativen Sinn), auch ungesellig. In Kuba beispielsweise werden die verwilderten Hunde, die es bis in dieses Jahrtausend hinein in den Berggegenden gab und die von den örtlichen Jägern gern geschossen wurden, jíbaros genannt. Es gibt dazu einen gleichnamigen kubanischen Dokumentarfilm aus den 1980er Jahren.
Lempertz datiert seine Gründung auf 1845, und es scheint fast, als ob sich seither bei den Inhabern zumindest mental wenig getan hat. Das zeigt auch das Interview, das Jörg Häntzschel von der SZ mit dem Geschäftsführer des Hauses geführt hat. Und zwar nicht 1918, sondern 2018.
Das Kunsthaus geriet in den letzten Jahren regelmäßig in die Schlagzeilen, weil dort jüdische Raubkunst versteigert oder Kunstwerke aus dem Nachlass Albert Speers einfach „aus Privatbesitz“ deklariert wurden. Außerdem brachte Lempertz 2010 die Werke des Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi zur Auktion, weil der Direktor des Hauses seiner Prüfungspflicht nicht nachgekommen war.
Unabhängig von dieser Vorgeschichte ist es ein Skandal, dass heutzutage von einem europäischen, international aufgestellten „Kunsthaus“ noch menschliche Überreste zum Kauf angeboten werden können, ohne dass sofort die Öffentlichkeit oder, besser noch, die Polizei einschreitet und das Relikt konfisziert. Bleibt zu hoffen, dass vor Ort in Brüssel auf diese Offerte angemessen reagiert wird.
Bildquelle: Kunsthaus Lempertz